Ort der Propaganda – Das Reichsparteitagsgelände 1933 bis 1939

Das ehemalige Reichsparteitagsgelände im Südosten Nürnbergs ist das größte erhaltene Ensemble nationalsozialistischer Staats- und Parteiarchitektur in der Bundesrepublik Deutschland. Seine Bauten zeugen bis heute vom Großmachtanspruch des „Dritten Reichs“.

Die Baumaßnahmen begannen bereits 1933. Das Reichsparteitagsgelände sollte der architektonische Rahmen für die Inszenierung der nationalsozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung werden. Mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 wurden die Baustellen größtenteils stillgelegt, nur zwei Bauten – das Zeppelinareal und die Luitpoldarena – waren bis dahin fertiggestellt und für die Großveranstaltungen genutzt worden.

Von 1933 bis 1938 fanden hier jährlich die von der NSDAP und der Stadt Nürnberg organisierten Reichsparteitage statt. Mit der Teilnahme von Hunderttausenden Parteimitgliedern und Schaulustigen bildeten sie den jährlichen Höhepunkt der nationalsozialistischen Selbstdarstellung im In- und Ausland. Hier wurde die nationalsozialistische Ausgrenzungsgesellschaft als – angeblich – geschlossene und für den Wiederaufstieg Deutschlands unabdingbare „Volksgemeinschaft“ inszeniert und damit die breite Zustimmung der Deutschen zum NS-Regime öffentlich sichtbar gemacht. Auf den Reichsparteitagen wurden auch gezielt politische Botschaften, allen voran die sogenannten Nürnberger Gesetze durch Hermann Göring am 15. September 1935, verkündet –  das Startsignal der nun staatlich legitimierten Verfolgung von Juden:Jüdinnen sowie weiterer Minderheiten im Deutschen Reich.

Mit dem Überfall auf Polen im September 1939 löste Deutschland den Zweiten Weltkrieg aus – der Parteitag 1939 wurde kurzfristig abgesagt. Statt ParteitagsteilnehmerInnen kamen zwischen 1939 und 1945 zehntausende Menschen aus Ost-, West-, Südeuropa und den USA unfreiwillig auf das Reichsparteitagsgelände: Kriegsgefangene und verschleppte Zivilist:innen, die dort aufgrund der vorhandenen Infrastruktur von der Wehrmacht, der Gestapo, der SS sowie privaten Unternehmen in einem umfangreichen Lagerkomplex gefangen gehalten wurden.

Die meisten von ihnen mussten in Nürnberg und Nordbayern Zwangsarbeit leisten. Viele starben unter menschenunwürdigen Bedingungen. Ein Teil wurde gezielt ermordet. Der für den An- und Abtransport der Parteitagsteilnehmer erbaute Bahnhof Märzfeld wurde zum Ausgangspunkt der Deportationen für über 2000 Juden:Jüdinnen aus Franken in Ghettos und Vernichtungslager. Nur wenige überlebten.

Nach jahrelangem Schweigen über die Geschichte des Reichsparteitagsgeländes und einer ersten Ausstellung in der Zeppelintribüne in den 1980ern gab es Ende der 1990er eine alle Parteien einende Bestrebung einen dauerhaften Informationsort zu schaffen. Seit 2001 informiert daher das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände über den historischen Ort und widmet sich der Vermittlung der Phänomenologie Entwicklungsgeschichte des NS-Regimes.

Aktuell steht die Einrichtung vor neuen Herausforderungen. Die wachsende Zahl von Besucher:innen erfordert eine räumliche und konzeptionelle Erweiterung; im Zuge des Umbaus wird auch die Dauerausstellung inhaltlich neu konzipiert. Während der Umbauphase steht die extra hierfür konzipierte Interimsausstellung „Nürnberg – Ort der Reichsparteitage“ in einer separaten Halle zur Verfügung. Ein modifiziertes Bildungsprogramm komplettiert das Angebot.

Auf der Website des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände finden Sie weitere Informationen zum historischen Ort, dem Haus sowie eine ausführliche Beschreibung der Bildungsangebote.

Der Eingang des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Nürnberg (2016)
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Der Eingang des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände, Nürnberg (2016) Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Blick vom Foyer des Dokumentationszentrums Nürnberg in den 130 Meter langen Glas- und Stahlpfahl von Günter Domenig (2013)
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Blick vom Foyer des Dokumentationszentrums Nürnberg in den 130 Meter langen Glas- und Stahlpfahl von Günter Domenig (2013) Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Anschrift

Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände
Bayernstraße 110
90478 Nürnberg
Telefon: 0911 2317538

Öffnungszeiten

Montag bis Sonntag: 10-18 Uhr

Das Dokumentationszentrum wird umgebaut, die bisherige Dauerausstellung ist aktuell geschlossen. In der großen Ausstellungshalle präsentiert die Interimsausstellung "Nürnberg – Ort der Reichsparteitage. Inszenierung, Erlebnis und Gewalt" die Geschichte der Reichsparteitage sowie des Geländes.