Propagandamedien: Broschüre „Europa arbeitet in Deutschland“ vom Frühjahr 1943
Wer hat die Broschüre erstellt und in welchem Zusammenhang wurde sie erstellt?
Die Broschüre "Europa arbeitet in Deutschland – Sauckel mobilisiert die Leistungsreserven" ist eine Propagandaschrift, die im Frühjahr 1943 veröffentlicht wurde.
Sie wurde auf die Initiative von Joseph Goebbels Propagandaministerium hin von Friedrich Didier verfasst und stellt die Arbeit des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Fritz Sauckel vor. Die Broschüre sollte der deutschen Bevölkerung den Nutzen der massiven Ausweitung des Einsatzes von ausländischen Zwangsarbeiter:innen im Deutschen Reich aufzeigen. Zudem wurde die in mehrere Sprachen übersetzte Broschüre zur Anwerbung von Arbeitskräften aus den besetzten und verbündeten Staaten verwendet.
Was ist zu sehen?
Der Titel, das Vorwort von Sauckel und die Einleitung von Didier greifen die nationalsozialistische Behauptung auf, das Deutsche Reich führe den Krieg gegen die Sowjetunion und die westlichen Alliierten, um Europa vor einer angeblich "bolschewistischen" und einer "jüdisch-kapitalistischen" Bedrohung zu verteidigen. Daher würden die ausländischen Arbeitskräfte mit ihrer Arbeit in der deutschen Kriegswirtschaft einen Beitrag zur Verteidigung Europas leisten.
Was zeigt die Broschüre über die NS-Zwangsarbeit und was ist bei der Auseinandersetzung mit Propagandamedien in der Bildungsarbeit zu beachten?
Für die Nationalsozialisten war Propaganda ein zentrales Element ihrer Politik und Selbstdarstellung. Sie verwendeten Plakate, Broschüren und andere Propagandamedien mit der Absicht, Menschen zu manipulieren und bei ihnen bestimmte Gedanken und Emotionen hervorzurufen.
Auch für die Zwangsarbeit spielte Propaganda eine wichtige Rolle. Die Texte und Fotografien der Broschüre glorifizieren die Arbeit von Sauckels Behörde, rechtfertigen den Einsatz von Zwangsarbeiter:innen und beschönigen ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen. Propagandafotos zeigen zivile Zwangsarbeiter:innen bei angeblichen Ausflügen und Feierlichkeiten in der Freizeit.
Rassistische und antisemitische Bilder spielen in der Broschüre eine zentrale Rolle. Fotografien und Bildunterschriften bedienen und verfestigen beispielsweise das rassistische Bild der einfachen und unsauberen Menschen aus Osteuropa, die nun zu deutscher Ordnung und Sauberkeit erzogen werden. Propagandamedien bieten einen Einblick darin, wie die Nationalsozialisten ihre Politik rechtfertigten und welche Erklärungsangebote sie denjenigen boten, die sie als Teil der "Volksgemeinschaft” begriffen.
Was ist nicht zu sehen?
Die Lebensrealität der Zwangsarbeiter:innen sowie die gewaltsamen Methoden, die zur Rekrutierung von Zwangsarbeiter:innen angewandt wurden, tauchen in Propagandamedien nicht auf. Der propagandistische Zweck der Broschüre sowie die darin enthaltenen nationalsozialistischen, rassistischen und antisemitischen Motive machen eine kritische Einordnung und Auseinandersetzung mit den Texten und Fotografien dringend erforderlich.
Literatur
Herbert, Ulrich: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des "Ausländer-Einsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Bonn: Verlag J.H.W. Dietz, 1999, Kapitel "‘Europäische Arbeiter gegen den Bolschewismus‘ – die Propaganda-Offensive nach Stalingrad", S. 275-283.