Wer hat den Erlass herausgegeben und in welchem Zusammenhang wurde er herausgegeben?

Die "Allgemeinen Bestimmungen über Anwerbung und Einsatz von Arbeitskräften aus dem Osten" vom 20. Februar 1942, auch bekannt als "Ostarbeitererlasse", regelten die Lebens- und Arbeitsbedingungen der über zwei Millionen zivilen Zwangsarbeiter:innen aus der Sowjetunion im Deutschen Reich. Herausgeber des Erlasses war Heinrich Himmler in seiner Funktion als Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei.

Himmler sah in den Menschen aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion politische Feinde und eine rassistisch begründete Bedrohung, die eine Gefahr für die deutsche Bevölkerung und die Sicherheit des Deutschen Reichs darstellten. Die Bestimmungen hatten den Zweck, die sowjetischen Zwangsarbeiter:innen zu isolieren und jeglichen Kontakt mit der deutschen Bevölkerung und anderen Zwangsarbeiter:innen zu verhindern.

Was ist zu sehen?

Der Erlass unterscheidet vier Bevölkerungsgruppen. Für jede der vier Gruppen regelt er den Umgang von der Anwerbung über den Transport bis zur Unterbringung und Überwachung im Deutschen Reich. Zudem erteilt er den Polizeibehörden weitgehende Handlungsbefugnisse und listet die Aufgaben anderer Akteure wie den Arbeitsämtern und Betrieben auf.

Als "Ostarbeiter" und "Ostarbeiterinnen" galten laut Erlass zivile Zwangsarbeiter:innen aus Gebieten, die am 1. September 1939 Teil der Sowjetunion waren. Sie unterlagen den strengsten Einschränkungen: Sie wurden geschlossen transportiert, durften ihre bewachten Unterkünfte nur zur Arbeit verlassen und mussten ein Abzeichen tragen, das sie als "Ostarbeiter" bzw. "Ostarbeiterin" erkennbar machte. Der Kontakt mit Deutschen außerhalb der Arbeit war verboten.

Was zeigt der Erlass über die NS-Zwangsarbeit und was ist bei der Auseinandersetzung mit Gesetzestexten in der Bildungsarbeit zu beachten?

Die Zwangsarbeit von Millionen von Menschen im Nationalsozialismus war ein staatlich organisiertes und arbeitsteilig durchgeführtes Verbrechen. Die NationalsozialistInnen verrechtlichten ihre rassistische Weltsicht in Gesetzen wie den "Ostarbeiterlassen". Diese rassistischen Gesetze bildeten die Rahmenbedingungen für die Ausbeutung und Misshandlung der Zwangsarbeiter:innen.

Was ist nicht zu sehen?

Die Gesetzestexte spiegeln den NS-Rassismus und die Perspektive der Täter:innen und Organisator:innen der NS-Zwangsarbeit wider. Zugleich täuschen sie vielmals über den verbrecherischen Charakter hinweg. Im Teil zur Anwerbung im Erlass vom Februar 1942 steht beispielsweise kein Wort zur Anwendung von Gewalt. Zwangsrekrutierungen und Verschleppungen gehörten während der deutschen Besatzung aber zum Alltag.

Literatur

Herbert, Ulrich: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des "Ausländer-Einsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Bonn: Verlag J.H.W. Dietz, 1999, Kapitel "Die Ostarbeitererlasse", S. 178-182.

Spoerer, Mark: Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939-1945. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 2001, Kapitel "Allgemeine Rechtsgrundlagen und Organisation des ‚Reichseinsatzes‘", S. 90-115.