Displaced Persons und Rückkehr
Spätestens mit der Kapitulation des Deutschen Reichs am 8. Mai 1945 waren alle Zwangsarbeiter:innen befreit. Sie befanden sich jedoch noch immer weit weg von ihrer Heimat und verfügten häufig über kein Geld. Die Alliierten stießen auf etwa 12 Millionen Menschen, die sich außerhalb ihrer Herkunftsländer befanden. Sie nannten diese sehr unterschiedliche Gruppe von Menschen "Displaced Persons" (DPs). Als DPs galten ehemalige Zwangsarbeiter:innen, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene, jüdische Überlebende sowie Sint:izze und Rom:nja.
Erste Versorgung und Übergangsstation
Anfangs übernahmen militärische Behörden der Alliierten die Betreuung der DPs. Ab Frühjahr 1946 traten dann in den westlichen Besatzungszonen die Hilfsorganisation der Vereinten Nationen (UNRRA) bzw. ab Juli 1947 die International Refugee Organization (IRO) an deren Stelle. Die DPs wurden in eigens dafür eingerichteten "DP-Camps" in Krankenhäusern, Schulen, ehemaligen Kasernen, in bereits vorhandenen ehemaligen Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeitslagern oder sogar auf dem Gelände ehemaliger Konzentrationslager untergebracht. Ende 1945 kümmerte sich die UNRRA auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik bereits um 227 DP-Lager. In den Camps erhielten die Menschen Essen und Kleidung sowie Unterstützung bei der Heimreise oder später der Auswanderung. In den von der Sowjetunion besetzten Teilen Deutschlands gab es weder den Status DP noch DP-Camps.
Rückkehr
Bereits im Februar 1945 wurde in einem sowjetisch-amerikanischem Abkommen festgelegt, dass alle DPs in ihre Heimat zurückkehren sollten. Für Menschen aus Westeuropa verlief das unmittelbar nach Kriegsende relativ problemlos. Dagegen kam für die jüdischen DPs eine Rückführung nur in Frage, wenn sie aus westlichen Ländern kamen. Eine Heimkehr nach Mittel- und Osteuropa war meistens undenkbar: Die jüdischen Gemeinden dort waren im Zuge der systematischen Massenmorde durch das NS-Regime zum größten Teil vernichtet worden. Auch nach der Befreiung kam es in Osteuropa zu antisemitischen Pogromen durch die lokale Bevölkerung. Die meisten jüdischen Überlebenden aus Osteuropa warteten deswegen auf eine Auswanderungsmöglichkeit nach Palästina oder Übersee.
Auch viele ehemalige Zwangsarbeiter:innen aus Osteuropa wollten nicht in ihre mittlerweile kommunistisch gewordenen oder von der Sowjetunion kontrollierten Länder zurückkehren. Dahinter stand die Angst, als "Komplizen" der Nationalsozialisten angesehen und bestraft zu werden. Viele ehemalige Zwangsarbeiter:innen wurden in ihrer Heimat für Kollaborateur:innen gehalten. Die Unfreiwilligkeit des Arbeitseinsatzes spielte dabei keine Rolle, allein der Umstand, dass sie im Deutschen Reich "für den Feind" gearbeitet hatten, machte sie verdächtig. Vor allem die Sowjetunion zwang die Menschen anfangs mit Unterstützung der westlichen Alliierten zur Rückkehr, eine Wahlmöglichkeit zur Weiterreise in andere Länder ließ man ihnen nicht. In sogenannten Filtrationslagern überprüfte die Sowjetunion die Heimreisenden. Fast die Hälfte durfte nicht nach Hause, sondern wurde in russische Straflager gebracht. Als die westlichen Alliierten die Folgen der erzwungenen Rückkehr erkannten, stellten sie ihre Unterstützung ein. Eine Bestimmung der Vereinten Nationen von 1946 legte daraufhin fest, dass niemand mehr zur Rückkehr gezwungen werden durfte. Ab 1947 konnten die DPs theoretisch nahezu frei in fast jedes Land ihrer Wahl emigrieren. In der Praxis erhielten viele Menschen – insbesondere Juden:Jüdinnen – keine Visa für die Länder, in die sie ziehen wollten.
DP-Camps als Dauereinrichtung
Bis September 1946 waren bereits Millionen DPs in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt, bis Ende 1951 wanderten über 700 000 DPs in andere Länder aus. Doch für etwa 200 000 Menschen wurden die DP-Camps zur dauerhaften "Heimat", da eine Auswanderung aus Alters-, Gesundheits- oder Berufsgründen nicht klappte. Sie lebten oft erneut am Rand der Gesellschaft und waren starken Vorurteilen ausgesetzt. Dies zeigt sich auch darin, dass sie ab 1949 von der deutschen Verwaltung als "heimatlose Ausländer" bezeichnet wurden.
Viele ehemalige Zwangsarbeiter:innen litten auch nach ihrer Ausreise aus Deutschland ein Leben lang unter der Erfahrung der Zwangsarbeit. Sowohl in der Sowjetunion als auch in westeuropäischen Ländern wie etwa den Niederlanden wurden sie verdächtigt, während des Krieges freiwillig mit dem "Feind" zusammengearbeitet zu haben und wurden deshalb gesellschaftlich diskriminiert. Manche Zwangsarbeiter:innen hatten mit gesundheitlichen Schäden infolge der mangelhaften Ernährung oder der schweren Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Alle ehemaligen Zwangsarbeiter:innen hatten Monate oder sogar mehrere Jahre ihres Lebens verloren und für ihre erzwungene Arbeit weder einen angemessenen Lohn noch Ansprüche auf Rentenzahlungen erhalten.
Literatur:
Holger Köhn, Die Lage der Lager. Displaced Persons in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands, Essen 2012.
Jacobmeyer, Wolfgang: Vom Zwangsarbeiter zum heimatlosen Ausländer, die Displaced Persons in Westdeutschland 1945 - 1951, Göttingen, 1985.
Jim G. Tobias, Vorübergehende Heimat im Land der Täter: Jüdische DP-Camps in Franken 1945-1949, Nürnberg 2002.