Teofila Knorowska (1924 – 2002)
Teofila Knorowska (geb. Turska) wurde am 25. Mai 1924 in Baranowicze in Polen geboren. Sie lebte mit ihren Eltern und ihrer Schwester in Warschau, wo sie ein Gymnasium besuchte. Im Frühjahr 1942 wurde Teofila Turska bei einer Straßenrazzia in Warschau verhaftet und zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt.
Als Zwangsarbeiterin in der Landwirtschaft
Dort angekommen schickte man sie in den Landwirtschaftsbetrieb von Gustav Löhmer im nordrhein-westfälischen Burscheid. Als einzige Zwangsarbeiterin auf dem Hof litt sie sehr unter der schweren Arbeit. Ein Brief von Angehörigen, in dem sie von der Ermordung ihrer Mutter und Schwester in Polen erfuhr, ließ sie weiter verzweifeln.
In einem Gespräch, das sie 1991 mit einem Historiker führte, beschreibt sie ihr ambivalentes Verhältnis zu dem Paar, dem der Betrieb gehörte:
"Den Hausherren mochte ich. Er war, im Gegenteil zu seiner Frau, ein edler und verständnisvoller Mensch. Seine Frau war eine versessene Faschistin, ihre einzige Liebe waren Katzen – Kinder hatte sie keine. Ich arbeitete über meine Kräfte, obwohl mir Gustav heimlich beim Melken half – das war für mich die schwerste Arbeit."
Widerstand
Kurz vor Weihnachten 1943 begann Teofila Turska, wie sie selbst sagt, zu "rebellieren". Sie konnte eine Versetzung erwirken und kam am 15. Dezember 1943 in die Maschinenfabrik der Goetzewerke AG in Opladen. Zunächst arbeitete sie dort an einer Drehmaschine. Nach einem Arbeitsunfall, bei dem ein Stück ihres Fingers von der Drehmaschine abgetrennt worden war, setzte man sie fortan als Dolmetscherin in der Fabrik ein. Dies gab ihr eine Reihe von Freiheiten. Ihre Sprachkenntnisse halfen ihr auch dabei, den mit Diskriminierungen verbundenen Status als polnische Zwangsarbeiterin zu verbergen:
"Ich sprach hervorragend deutsch, und unser Zeichen, den Buchstaben "P", deckten wir mit Halstüchern ab oder versteckten ihn unter dem Mantel. Wenn wir sahen, dass ein Schaffner in der Straßenbahn uns zu lange anguckte, sprach ich ihn frech an und fragte ‚Wie spät ist es?‘ oder ‚Wie viele Haltestellen haben wir noch bis Köln?‘"
Von Opladen aus fuhr Teofila Turska häufig nach Köln und besuchte Lolek, einen polnischen Zwangsarbeiter, den sie im Zug kennengelernt hatte und mit dem sie in Verbindung geblieben war. Über ihn kam sie in Kontakt mit der "Fähnrich-Organisation", einer Widerstandsgruppe polnischer (Unter-)Offiziere. Als Lolek verhaftet wurde, fand man bei ihm ein Foto von Teofila [Bp 4403]. Daraufhin verhaftete die Geheime Staatspolizei (Gestapo) auch sie am 5. Mai 1944.
Folter und KZ-Haft
Nach ihrer Verhaftung wurde sie zunächst in das Gestapogefängnis Brauweiler gebracht. Dort wurde sie verhört und gefoltert. Durch die brutale Misshandlung der Gestapobeamten verlor sie zwei Zähne. Im Anschluss brachte man sie in das Gestapogefängnis im EL-DE Haus Köln, wo sie zunächst mehrere Wochen in Einzelhaft verbringen musste und schließlich in eine Zelle verlegt wurde, in der zeitweilig über 15 Frauen inhaftiert waren. Teofila Turska hinterließ mehrere Inschriften in den Zellen des Gestapogefängnisses im EL-DE-Haus.
Ende September 1944 verlegte die Gestapo sie in das Messelager in Köln-Deutz. Von dort erfolgte ihre Deportation, zunächst in ein Sammellager in Berlin und anschließend in das Frauen- und Mädchen-Konzentrationslager Ravensbrück. Im KZ musste sie in verschiedenen Arbeitskommandos Schwerstarbeit leisten. Aufgrund einer Typhusepidemie löste die SS das Lager 1944 auf. Teofila Turska versuchte zu fliehen und wurde dabei auf einer Landstraße von einem Lieferwagen angefahren. Wehrmachtssoldaten trieben sie mit anderen Gefangenen in ein überfülltes Zelt auf dem Außengelände des KZ Ravensbrück zurück, wo sie erneut Zwangsarbeit leisten musste.
Kriegsende
Das Ende des Krieges erlebte Teofila Turska im Konzentrationslager Mauthausen in Österreich. Dort blieb sie bis Mai 1945 und unterstützte die Selbstorganisation der ehemaligen Häftlinge sowie die Versorgung der Kranken. Nach ihrem Aufenthalt in einem DP-Camp konnte sie schließlich im September 1945 zusammen mit einer Gruppe von Überlebenden in einem Bus des Roten Kreuzes nach Polen zurückkehren. Sie absolvierte eine Ausbildung an der medizinischen Akademie in Gdańsk und arbeitete anschließend lange als Krankenschwester.
Gedenken an die Opfer
Im September 1991 kam Teofila Knorowska (geb. Turska) im Rahmen des städtischen Besuchsprogramms für ehemalige Zwangsarbeiter:innen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Begleitung ihrer Tochter nach Köln. Im Gespräch mit dem Historiker Werner Jung sagte sie zusammenfassend:
"Ich gebe sie [meine Erinnerungen] Euch, meinen Freunden, als Geschenk und Dank für die Einladung. Es ist für mich ein großes Erlebnis, wenn ich in meinen Erinnerungen an diese Tage zurückkehre. Aber mein Herz ist voll von Freude, dass es immer noch Menschen gibt, die sich erinnern, dass es junge Leute gibt, die keine Grenzen kennen. Menschen gibt es überall und überall findet man Achtung und Freundschaft."
Im Gedenken an die Ermordeten legte sie Blumen in den Zellen des ehemaligen Gestapogefängnisses nieder. Teofila Knorowska verstarb am 5. Februar 2002 in Sopot in Polen.